So ist Fußball!

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So ist Fußball!

SC Weiche Flensburg 08 – FC Teutonia 05 Ottensen 2:2 (0:1)

4. Oktober 2022

Was für ein Spiel, was für unterschiedliche Halbzeiten, was für eine Tragik! Der SC Weiche Flensburg 08 kam am 12. Spieltag der Regionalliga Nord im Heimspiel gegen den FC Teutonia 05 Ottensen über ein 2:2-Unentschieden nicht hinaus und wurde doch von vielen der 684 Fans im Manfred-Werner-Stadion nach den aufregenden 93 Minuten mit Beifall bedacht. Nach zuvor zwei sieglosen Spielen war der Vizemeister am Samstagnachmittag bei typisch herbstlich-regnerischem Wetter gegen einen extrem gut besetzten Gast 45 Minuten lang deutlich unterlegen, drehte dann mit viel Leidenschaft die Partie, um sich am Ende durch einen Gegentreffer mit der allerletzten Aktion doch mit nur einem Punkt zufrieden geben zu müssen. „So ist Fußball“, schluchzten die Beteiligten auf beiden Seiten. Während Gäste-Trainer David Bergner nach dem Spiel dennoch den beiden verlorenen Punkten nachtrauerte und zugleich die Atmosphäre in Flensburg lobte, war unser Verantwortlicher Thomas Seeliger ebenso hin- und hergerissen. „Es war die schlechteste erste Halbzeit, seitdem ich Trainer in Flensburg bin“, so der Ex-Profi, um dann nach der leidenschaftlich erkämpften Führung und dem Gegentreffer mit dem Schlusspfiff zu konstatieren: „Jetzt fühlt es sich an wie eine Niederlage.“

Gegenüber der Anfangsformation vom 2:2-Remis in Delmenhorst lief eine auf drei Positionen veränderte Startelf auf. Der „Gelb“-gesperrte Niclas Nadj sowie die erkrankten Kevin Njie und Florian Meyer wurden von Torben Rehfeldt, Ilidio Pastor Santos und Kevin Schulz ersetzt. Zur Pause stellte Trainer Thomas Seeliger von Vierer- auf Dreierkette um. Er brachte mit Noel Kurzbach und Jonah Gieseler zwei neue Offensivkräfte. Im weiteren Verlauf wurden Bjarne Schleemann, erstmals wieder nach langer Verletzungspause Finn Wirlmann und schließlich Tobias Ryborg eingewechselt. Den 20er Kader des Spieltags vervollständigten der wiedergenesene Torhüter Jesper Heim sowie Torben Marten, Brian Jungjohann und Thies Richter.

Nach kurzer Abtastphase übernahmen die Gäste das Kommando. Teutonia bekam mit hoher individueller Klasse und klarem Konzept das Geschehen schnell unter Kontrolle, und alsbald schien es nur eine Frage der Zeit, wann die Hamburger in Führung gehen würden. Die erste Aktion – ein Kopfball von Kevin Weidlich nach Freistoßflanke von Max Julian Brandt, der das Tor verfehlte (11.) – konterte unsere Mannschaft noch, als Patrick Thomsen per Kopf ablegte und Torben Rehfeldt technisch anspruchsvoll die Pille direkt nahm, aber knapp über das Tor schoss (12.). Dann flankte Fabian Istefo aus dem rechten Halbfeld. Den Kopfball von Pascal Steinwender holte SC-Torhüter Philip Østerbæk mit starker Parade aus dem Torwinkel (15.). Schließlich hatte Fabian Istefo selbst die Chance zur Gästeführung, als sein Abschluss nach Durchbruch über links und Rückpass von Maik Lukowicz noch geblockt wurde (20.). Den Kopfball von Tjorben Uphoff nach dem folgenden Eckstoß parierte wieder unser Schlussmann wie auch wenig später die Kopie davon (20., 22.). Beim Schuss von Diamant Berisha, der zu viel Platz hatte und dann aus 20 Metern abzog, klärte Philip Østerbæk erneut zum Eckball (31.). Dem Freistoß, getreten von Max Julian Brandt, konnte unser Torhüter nur nachschauen; die Unterlatte rettete für die Platzherren (33.). Das inzwischen längst fällige 0:1 markierte dann Diamant Berisha über halblinks. Vorbereitet von Luis Angel Coordes, der den Ball treiben und dann herauspassen konnte, landete der Abschluss genau im langen Eck (37.). Pascal Steinwender bereitete nochmals über links vor, aber Maik Lukowicz verfehlte den Kasten (43.).

Und unsere Mannschaft? Mit zunehmender Spielzeit wurden die Unterschiede immer klarer. Weiche schien auf praktisch allen Positionen schwächer besetzt und fand überhaupt nicht ins Spiel. Da half auch der vorübergehende Seitenwechsel der beiden offensiven Außen René Guder und Marcel Cornils nichts. Noch eine gewisse Torgefahr kam auf, als Dominic Hartmann auf René Guder passte und Christopher Kramer an die Eingabe nicht herankam (42.). So war das Beste zur Halbzeitpause, dass unsere Mannschaft bei einem Stand von 0:1 noch nicht aus dem Spiel war und es kein Pfeifkonzert vom Publikum gab.

Nach den taktischen Umstellungen zur Pause sah man mit Wiederanpfiff eine komplett andere Weiche-Mannschaft. Die Gäste hatten nun nur noch eine nennenswerte Offensivaktion, als Pascal Steinwender aus der Drehung aus 16 Metern abziehen konnte, den Schuss aber etwas zu hoch ansetzte (50.). Ansonsten waren jetzt die Gastgeber viel präsenter. Sie griffen früher an und setzten den Kontrahenten unter Druck. Das erste Signal setzte Kapitän Dominic Hartmann mit einem Freistoß aus 20 Metern, der knapp das Tor verfehlte (46.). Dann musste erstmals Nullfünf-Torhüter Yannick Zummack eingreifen, als Christopher Kramer aus spitzem Winkel zum Kopfball kam (47.). Nach Flanke von Ilidio Pastor Santos scheiterte Christopher Kramer zwar erneut an Yannick Zummack, aber gegen den Nachschuss aus elf Metern von Kevin Schulz unter die Latte, abgelegt von Jonah Gieseler, war dann kein Kraut gewachsen: 1:1 (56.). Der Torschütze selbst hatte den Angriff auch eingeleitet. Und Weiche agierte weiter druckvoll nach vorn. Einen satten zweiten Ball von Dominic Hartmann von halblinks holte Yannick Zummack mit starker Parade noch aus dem Dreiangel (60.). Nach Vorarbeit von Jonah Gieseler wuchtete Marcel Cornils die Kugel gegen die Torlatte (65.). Wenig später traf unsere Nummer 10 genauer, jagte den Ball nach Zuspiel von Dominic Hartmann aus 20 Metern zum 2:1 in den linken Dreiangel absolut sehenswert unter die Latte (69.) – Spiel gedreht.

Weiche verschanzte sich nach der Führung nicht. Einen Kopfball von Torben Rehfeldt nach Freistoß von Dominic Hartmann parierte Torhüter Yannick Zummack (77.). Als Marcel Cornils erneut zum 22-m-Distanzschuss ansetzte, ging ein Raunen durch das Publikum; der Ottenser Torhüter war mit den Fingerspitzen noch entscheidend dran (79.). So hielt der SC das Geschehen weitgehend aus der eigenen Hälfte und wurde erst ein paar Minuten vor der Nachspielzeit nach hinten gedrängt. Aber: Weiche hatte über Noel Kurzbach bei einem Überzahlkonter die Gelegenheit zur Entscheidung. Sein Schuss nach einem 50-m-Dribbling wurde geblockt (90.+3), und nach weitem Schlag von Gazi Siala kam nur Sekunden später Kevin Weidlich auf Linksaußen ins Dribbling. Er ging in den Strafraum, wurde von Patrick Thomsen getroffen. Den fälligen Strafstoß knallte Fabian Istefo scharf zum 2:2-Ausgleich ins linke Eck, ehe der Referee die Partie sofort abpfiff (90.+4).

Teutonia hatte in Kapitän Kevin Weidlich und dem zentralen Innenverteidiger Tjorben Uphoff die auffälligsten Spieler. Vor der Pause gefiel der laufstarke Pascal Steinwender, der dann aber zunehmend abtauchte, während in der zweiten Halbzeit Torhüter Yannick Zummack seine Klasse zeigen konnte. Aus unserer Mannschaft lassen sich Torhüter Philip Østerbæk und Patrick Thomsen – erst auf der „Sechs“, dann Innenverteidiger – herausheben. Mit viel Leidenschaft und Schwung konnte sich Jonah Gieseler in der zweiten Halbzeit in den Vordergrund spielen. Ebenso sorgte Noel Kurzbach für viel Elan.

Am kommenden Wochenende ist unsere Mannschaft beim BSV Schwarz-Weiß Rehden zu Gast. Die Partie des 13. Spieltags wird am Samstag, 8. Oktober 2022, um 15 Uhr in den Waldsportstätten von Rehden angepfiffen werden.

Weiche: Østerbæk – Herrmann, Fölster (46. Kurzbach), Rehfeldt, Pastor Santos – Hartmann (Kap./V), Thomsen – Guder (46. Gieseler), K. Schulz (V/73. Schleemann), Cornils (84. Ryborg) – Kramer (81. Wirlmann). Trainer: Seeliger.

Teutonia 05: Zummack – Weidlich (Kap./V), Uphoff, Siala (V) – Istefo, Varela Monteiro (79. Hertner), Brandt, Coordes (86. Graudenz) – Steinwender, Lukowicz (64. L. Meyer), Berisha (86. Abd El Aal Ali). Trainer: Bergner.

Tore: 0:1 Berisha (37.), 1:1 K. Schulz (56.), 2:1 Cornils (69.), 2:2 Istefo (90.+4).

Zuschauer: 684, darunter keine sichtbaren Gäste-Fans, im Manfred-Werner-Stadion, Flensburg-Weiche.

Schiedsrichter: Daniel Piotrowski (Buchholzer FC), lag beim Strafstoß richtig und gab vier gelbe Karten, gerecht verteilt für beiden Seiten (K. Schulz nach Foul an Berisha, 45.; Hartmann nach Foul an Brandt, 58./Siala nach Foul an Kurzbach, 60.; Weidlich nach Foul an Schleemann, 77.).

Trainerstimmen:

Der Gäste-Trainer, David Bergner, meinte zur Partie: „Wir haben zwei unterschiedliche Halbzeiten erlebt. Wir haben gewusst, dass Flensburg hier schon drei Spiele verloren hat und unter Zugzwang steht. Wir wollten mutig spielen. Ich denke, das hat man gesehen in der ersten Halbzeit. Wir haben die Räume bespielt, wir hatten Möglichkeiten, wir haben umgeschaltet, wir waren griffig. Das einzige Manko war, dass wir aus dieser Überlegenheit nicht mehr als nur ein Tor machten. Zur Halbzeit wussten wir, dass Weiche umstellen und sich der Wind drehen würde. So kam es dann auch. Wir haben viel zu viele Bälle leicht hergeschenkt und haben dann wirklich um den Ausgleich gebettelt. Wir waren einfach nicht bereit, fußballerische Lösungen zu finden. So ist es im Fußball. Wir kriegen den Ausgleich, wo die Köpfe auch wieder heruntergehen. Dann liegen wir nach einem sehr schönen Tor sogar hinten. Dazu haben wir nicht mehr mutig und nach vorn verteidigt. Dann war es am Ende des Tages nicht unverdient, es war eine Einzelleistung unseres Kapitäns, der vorneweg marschiert ist. Wir sind glücklich, dass wir den Punkt geholt haben. Dennoch denke ich, dass wir zwei Punkte liegen gelassen haben. Es ist aber ein Prozess. Jetzt haben wir ein paar Tage zum Regenieren. Ich hoffe, dass wir dann mal einen Großen nicht nur ärgern, sondern auch mal schlagen können. Ich war zum ersten Mal hier. Es macht Spaß, in Flensburg Fußball zu spielen.“

Unser Trainer Thomas Seeliger sagte mit Blick zu seinem Trainerkollegen: „Besser hätte ich es nicht analysieren können. Es war die schlechteste erste Halbzeit, seitdem ich Trainer in Flensburg bin. Für das, was wir uns vorgenommen hatten, was wir unter der Woche trainiert hatten, kam am Ende gar nichts raus. Wir konnten froh und glücklich sein, dass wir zur Pause nur mit 0:1 hinten lagen. Ich war dann in der Kabine ruhig und sachlich. Wir haben umgestellt, sind ins Risiko gegangen und haben eine tolle Moral gezeigt. Die Mannschaft hat sich zurückgefightet, hat sich selber an der Ehre gepackt. Du biegst dann das Spiel, führst 2:1, hast Chancen, den Sack zuzumachen. Jetzt fühlt es sich an wie eine Niederlage. Da haben wir vorn die Drei-gegen-Zwei-Situation. Wir haben aber nicht vorn, sondern hinten einen Fehler gemacht, und den Konter gekriegt. Wenn man das gesamte Spiel betrachtet, ist es leider aufgrund der beiden grundverschiedenen Hälften ein gerechtes Ergebnis. Wir müssen für uns die zweite Halbzeit mitnehmen, die Moral. Und das ist die Basis: eine Moral bzw. die Einstellung. Und da waren wir in den ersten 45 Minuten überhaupt nicht präsent.“