Nichts für schwache Nerven

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Nichts für schwache Nerven

Hannover 96 II – SC Weiche Flensburg 08 2:3 (1:1)

21. März 2022

Am zweiten Spieltag der Meisterrunde der Regionalliga Nord kam der SC Weiche Flensburg 08 am frühen Samstagnachmittag bei der U 23 von Hannover 96 zu einem ebenso wichtigen wie schwer erkämpften 3:2-Sieg. Gegen den Tabellenfünften der Süd-Gruppe, der lediglich fünf Punkte aus den vorherigen direkten Duellen mit den anderen Süd-Vertretern in die Meisterrunde einbringen konnte, zeigte unsere Mannschaft bei zum Teil sonnigem und zugleich auch windig-kaltem Wetter im Eilenriedestadion der niedersächsischen Landeshauptstadt vor offiziell lediglich 80 Zuschauern, darunter 50 (!) Weiche-Fans (so die Angabe des Ordnungsdienstes), am Sonnabendnachmittag während der 90 Minuten eine deutliche Leistungssteigerung und den unbedingten Willen, die Partie für sich zu entscheiden. Unser Trainer Thomas Seeliger war nach dem Spiel sichtlich gezeichnet und meinte erleichtert: „Es war ein dreckiger Sieg, doch Tore entscheiden nun mal.“

Gegenüber der Startelf vom torlosen Remis gegen Oldenburg aus der Vorwoche rutschten lediglich Torhüter Raphael Straub und der zuvor „Gelb“-gesperrte Dominic Hartmann neu in die Anfangsformation. Während Stammtorhüter Florian Kirschke krankheitsbedingt fehlte, musste Kevin Schulz zunächst auf der Bank Platz nehmen. Thomas Seeliger nutzte erstmals alle fünf Wechselmöglichkeiten. So kamen nacheinander Florian Meyer mit Beginn sowie Nico Empen, Kevin Schulz, Noel Kurzbach und schließlich Brian Jungjohann im Verlauf der zweiten Halbzeit ins Spiel. Leider schied Marcel Cornils humpelnd verletzungsbedingt aus (85.). Das Spieltagsaufgebot, bei dem ein Platz frei blieb, ergänzten Jonas Wolz (Tor) und Nahne Paulsen. Aus unserem Regionalliga-Kader standen neben Florian Kirschke auch die verletzten Ilidio Pastor Santos, Bjarne Schleemann, Jonas Walter und Yves Mfumu sowie Nathanael Elsler (A-Junioren), Casper Mols (spielte mit der Oberliga-Mannschaft zeitgleich gegen Eckernförde und verlor mit 0:1) und Kevin Njie nicht zur Verfügung.

Was für eine Partie bekamen die tatsächlich rund 120 Besucher auf der Tribüne – unter ihnen Weiche-Sympathisanten vom 1. FC Germania Egestorf/Langreder – geboten! Nach dem Einspielen des Weiche-Liedes – auch nicht alltäglich in einem fremden Stadion – und einer Schweigeminute für den am 16. März verstorbenen früheren DFB-Präsidenten Egidius Braun ging es gleich ordentlich los. Und die Hannoveraner machten sofort deutlich, dass sie Punkte nicht zu verschenken hatten. Vor allem der dann früh (21.) leider verletzungsbedingt ausgewechselte Monju Momuluh machte Dampf und hatte zu oft auf halbrechts reichlich Platz, wirkte aber im Abschluss nicht eiskalt. So hatte er bereits eine richtig gute Chance, als er allein auf Raphael Straub zulaufen konnte, doch der Weiche-Torhüter parierte im Eins-gegen-Eins stark (5.). Wenig später grätschte Patrick Thomsen gerade noch in den Abschluss von Monju Momuluh, sodass ein Eckstoß heraussprang (7.). Und die Eingabe von Monju Momuluh verpasste Louis Oppie im Zentrum nur knapp (11.). Das konnte nicht lange gutgehen, und so fiel dann auch die hochverdiente Führung der Heimischen. Grace Bokake Bolufe hatte in der Zentrale vor dem Strafraum zu viel Platz, konnte sich den Ball noch einmal zurechtlegen, um ihn aus gut 20 Metern links unten aus Perspektive des Schützen zu versenken (14.). Weiche war in jener Anfangsviertelstunde immer wieder einen Schritt zu spät gekommen, ließ dem Gegner Raum zum Spielen und bot reichlich Gelegenheit, um diagonale Pässe hinter die Viererkette zu spielen. So brannte es ein ums andere Mal.

Unsere Mannschaft fand demnach schwer in die Partie, kam aber überraschend schnell zum Ausgleich. Erst hatte Christopher Kramer nach Balleroberung von Jonah Gieseler am gegnerischen Strafraum mit schönem Schuss 96-Torhüter Pascal Kokott zu einer Parade gezwungen (19.). Beim folgenden Eckstoß von links, getreten von Marcel Cornils, war der im Spielergedränge befindliche Schlussmann zu zögerlich, Torge Paetow machte die Kugel richtig scharf und Christopher Kramer bugsierte sie aus der Luft aus nächster Nähe zum 1:1-Ausgleich in die Maschen (20.).

Die Partie blieb abwechslungsreich und unterhaltsam mit Chancen auf beiden Seiten. Dominic Hartmann setzte einen „zweiten Ball“ aus 14 Metern am langen Pfosten vorbei (28.). Der Kopfball von Christopher Kramer unter Bedrängnis nach Flanke von Dominic Hartmann von rechts war zu drucklos, um Torhüter Pascal Kokott vor Probleme zu stellen (29.). Ebenfalls ohne Schwierigkeiten parierte der Schlussmann, als Dominic Hartmann kurz vor dem Strafraum den Ball erkämpft und auf Marcel Cornils gepasst hatte, der in jener Szene von halbrechts abschloss, dabei aber dem Ball zu wenig Schärfe verpasste (35.). Richtig gut sah es aus, als Torge Paetow über rechts Marcel Cornils bediente und ein Abwehrbein gerade noch rettete (38.). Allerdings: Die Gastgeber befanden sich allemal auf Augenhöhe, hatten ebenfalls ihre Möglichkeiten, weil bei Weiche die defensiven Abstimmungen nach wie vor nicht immer funktionierten. Eunsa Jeong setzte einen zweiten Ball aus der Distanz über die Querlatte (33.). Torschütze Grace Bokake Bolufe hatte erneut zu viel Platz, zielte diesmal aber aus ähnlicher Position wie vor dem ersten Treffer links am Kasten vorbei (36.). Und dann hatte auch Moussa Doumbouya seinen ersten richtigen Abschluss, der von halbrechts am Kasten vorbeiging (45.+1).

Zur Pause stellte Thomas Seeliger um. Der bereits früh (4.) nach einem Pressschlag angeschlagene Malte Petersen blieb in der Kabine. Seine Position als rechter Innenverteidiger übernahm Torge Paetow. Dafür rückte Torben Rehfeldt ins Mittelfeld und Florian Meyer kam für hinten links in die Partie. Und Letzterer leitete gleich den Weiche-Führungstreffer ein. Seinen Pass in die Tiefe spielte Christopher Kramer in den Lauf von Marcel Cornils, der von der linken Außenposition, spitzer Winkel, unter Torhüter Pascal Kokott hindurch ins lange Eck zum 1:2 traf (48.).

Mit der Flensburger Führung veränderten sich die Spielanteile erneut. Jetzt hatte der 96-Nachwuchs mehr Ballbesitz und Feldvorteile, doch mit Ausnahme eines verdeckten Schusses von Louis Oppie an das Außennetz (54.) sprang kein nennenswerter Torabschluss für die Heimischen heraus. Nun hatte Weiche das bewährte Abwehrkonzept parat, stand engmaschig und beförderte mit Kopfball- und Zweikampfstärke die Bälle relativ problemlos aus der Gefahrenzone. Und Weiche hatte selbst eine ganze Reihe guter Offensivszenen. So setzte diesmal Marcel Cornils seinen Sturmpartner Christopher Kramer bestens in Szene, der – aus leicht abseitsverdächtiger Position – loslaufen konnte, auch Torhüter Pascal Kokott ausspielte, aber nach links abgedriftet wurde. Seinen Pass ins Zentrum nahm Dominic Hartmann direkt, doch Pascal Kokott war schon wieder zur Stelle, lenkte die Kugel um den Pfosten (51.). Dann zielte Marcel Cornils aus spitzem Winkel vorbei (52.). Nochmals war der immer stärker werdende Marcel Cornils mit feiner Aktion ein Gefahrenherd, als er am linken Strafraumeck dribbelte, nach innen schwenkte und aus 16 Metern den Pfosten traf (55.). Der dritte Flensburger Treffer hätte spätestens fallen dürfen, als Patrick Thomsen einen Querpass erahnte, die Kugel auf Christopher Kramer spielte, der in den Lauf von Dominic Hartmann passte. Doch der zarte Lupfer des Ex-Hannoveraners knutschte ebenfalls den Pfosten (74.). Beim Abschluss von Torge Paetow, der nach seinem Einwurf einen „zweiten Ball“ aufnahm, tauchte 96-Schlussmann Pascal Kokott ins bedrohte kurze Eck ab (77.).

Zu jenem Zeitpunkt lag ein möglicher Ausgleich nun wahrlich nicht in der Luft. Und doch fiel er etwas überraschend, weil die 96er einmal gefährlich über die rechte Seite kamen. Der eingewechselte Nicolo Tresoldi zog sowohl Patrick Thomsen als auch Florian Meyer auf sich, spielte dann die Kugel nach außen zum ebenfalls gerade eingewechselten Keanu Brandt, der die Flanke punktgenau ins Zentrum brachte, wo Moussa Doumbouya einlief und den Kopf hinhielt. Unhaltbar schlug die Kugel zum zu jenem Zeitpunkt durchaus überraschenden 2:2-Ausgleich ein (80.).

In den Schlussminuten investierte Weiche immer mehr in die wegen mancher Behandlungspausen oft unterbrochene, grundsätzlich allerdings äußerst faire Partie. Zuweilen mit acht, neun Spielern wurde nach vorn gestürmt. Die Gastgeber, mit dem pfeilschnellen Moussa Doumbouya halblinks in der Spitze, hätten hier mit mehr Cleverness und Übersicht die Flensburger mehrfach über die verwaiste rechte Seite auskontern können. Später sprach Trainer Thomas Seeliger deshalb vom Harakiri, das seine Mannschaft gespielt habe. Aber man sah ihr halt an, dass sie unbedingt gewinnen wollte. Und das wurde belohnt: Einen weiten Einwurf von Torge Paetow von links verlängerte Patrick Thomsen auf den zweiten Pfosten, und Kevin Schulz drückte die Kugel 70 Sekunden vor Ablauf der angezeigten fünfminütigen Nachspielzeit zum vielumjubelten 3:2-Siegtreffer ein (90.+4).

Die U 23 von Hannover 96 hatte in Louis Oppie im linken Mittelfeld, Grace Bokake Bolufe zentral hinter den Spitzen und in Stoßstürmer Moussa Doumbouya ihre besten Akteure sowie im früh ausgewechselten Monju Momuluh einen weiteren sehr auffälligen Stürmer. Bester Flensburger war mit unbändigem Siegeswillen und Kämpferherz der Ex-Hannoveraner Patrick Herrmann. Auch die Stürmer Christopher Kramer und Marcel Cornils sowie Dominic Hartmann konnten insgesamt überzeugen, wobei die letztgenannten speziell durch die Umstellungen nach der Pause besser zur Geltung kamen. Insgesamt verdiente sich die Mannschaft ein Lob. Sie steigerte sich gewaltig und zeigte den Willen, die Partie unbedingt für sich entscheiden zu wollen.

Weiter geht es mit dem dritten Spieltag der Meisterrunde am nächsten Wochenende. Unsere Mannschaft trifft am kommenden Samstag, 26. März 2022, auf den SV Atlas Delmenhorst. Die Partie wird um 13.30 Uhr im Manfred-Werner-Stadion angepfiffen.

Hannover 96 II: Kokott – Rüther (Kap./76. Brandt), Lamti, Kalinowski, Eichhorn (V) – Trümner (76. Podrimaj) – Jeong (68. Tresoldi), Bokake Bolufe, Oppie (76. Podolski) – Momuluh (21. Popovic), Doumbouya. Trainer: Fuchs.

Weiche: Straub – Herrmann, Petersen (46. F. Meyer), Thomsen, Rehfeldt – Paetow (Kap.), Wirlmann (77. K. Schulz) – Gieseler (61. Empen), Hartmann, Cornils (85. Kurzbach) – Kramer (90.+6 Jungjohann). Trainer: Seeliger.

Tore: 1:0 Bokake Bolufe (14.), 1:1 Kramer (20.), 1:2 Cornils (48.), 2:2 Doumbouya (80.), 2:3 K. Schulz (90.+4).

Zuschauer: offiziell 80, darunter ca. 30 (offiziell 50) Flensburger, im Eilenriedestadion („96 – Das Stadion“) des Nachwuchsleistungszentrums von Hannover 96, Clausewitzstraße.

Schiedsrichter: Rene-Alexander Rose (TSG Bad Harzburg), mal kleinlich, mal großzügig; kam mit einmal „Gelb“ (Eichhorn nach Foul an Herrmann, 75.) über die Runden.

 

Die Trainerstimme:

Unser Trainer Thomas Seeliger, sichtlich geschafft, sagte: „Manchmal war es schon haarsträubend … Das Ergebnis war zur Pause noch das Positivste. Zur zweiten Halbzeit haben wir umgestellt und nicht mehr viel zugelassen. Wir müssen aber den Sack zumachen. Man hat dann gesehen, dass die Jungs den Sieg unbedingt wollten, obwohl wir da Harakiri gespielt haben. So ist es ein dreckiger Sieg, doch Tore entscheiden nun mal.“

Weitere Flensburger Stimmen:

Teammanager Marc Peetz, ebenso geschafft wie alle Betreuer und Trainer, stöhnte auf: „Die grauen Haare werden bei so einem Spiel nicht weniger.“

Der beste Flensburger, Patrick Herrmann, gab sich ganz bescheiden: „Erwähne die Mannschaft, nicht den Einzelnen. Wir sind als Mannschaft wichtig. Rapha (Raphael Straub/d. Red.) zum Beispiel hat stark gehalten.“

Marcel Cornils, schilderte den 2:1-Führungstreffer so: „Mir blieb nichts anderes übrig. Der Winkel war so spitz, ich konnte mit Links nur versuchen, ihn ‚durch die Hosenträger‘ zu spielen.“ Der humpelnde Techniker hatte da schon wieder ein Lächeln im Gesicht, wobei die Freude über den späten Siegtreffer vielleicht auch den Schmerz verdrängte. Zu seiner Verletzung meinte er entsprechend: „Ich vermute mal, dass es gehen wird. Wir werden es am Montag sehen.“

Siegtorschütze Kevin Schulz, wie immer verschmitzt lächelnd, schilderte die entscheidende Szene so: „Der Einwurf kommt, Pedi verlängert und dann stehe ich einfach am langen Pfosten und mach‘ ihn rein. Das ist doch selbstverständlich.“