Effektivität und Erfahrung schlägt Verspieltheit
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Effektivität und Erfahrung schlägt Verspieltheit
Hannover 96 II – SC Weiche Flensburg 08 0:3 (0:1)
Der SC Weiche Flensburg 08 hat zum Auftakt des dritten Spieltags und der englischen Woche in der Regionalliga Nord gegen Hannover 96 II die nächsten drei Punkte eingefahren und mit 3:0 (1:0) deutlich höher gewonnen, als es das Spielgeschehen hergab. Der Vizemeister erwies sich vor 350 Zuschauern, darunter rund 25 (zum Teil bis zu 30 Minuten zu spät ankommenden) Flensburger Anhängern, im Eilenriedestadion der niedersächsischen Landeshauptstadt am Ende eines heißen Tages bei immer noch sehr hohen Temperaturen als die kaltschnäuzige, abgebrühte Mannschaft, die ihre Chancen effektiv nutzte. Unser Cheftrainer Thomas Seeliger zollte dann nach der Partie Respekt in beide Richtungen: „Wir haben 90 Minuten gegen eine richtig gute Mannschaft gespielt. Chapeau aber an unsere Jungs! Unsere Jungs haben alles rausgehauen, auch mal etwas Glück gehabt, es aber insgesamt gut gemacht.“
Wie schon zuvor gegen den Bremer SV (2:1) konnte unser Cheftrainer die Startelf aus der Vorwoche aufbieten. Damit standen auch die drei Ex-Hannoveraner Patrick Herrmann, Tobias Fölster und Kapitän Dominic Hartmann in der Anfangsformation. Zu den zweiten 45 Minuten stellte Thomas Seeliger um. Er brachte Torben Rehfeldt für die Innenverteidigung und beorderte Kevin Njie auf die linke Position, wo er auf den enorm schnellen Monju Momuluh traf. Im Verlauf der zweiten Halbzeit wurden außerdem Patrick Thomsen, Noel Kurzbach, Jonah Gieseler und Kevin Schulz eingewechselt. Im 20er Kader für diese Partie waren ferner Torhüter Philip Østerbæk sowie Geburtstagskind Malte Petersen, Bjarne Schleemann und Tobias Ryborg. Zufrieden gab Physiotherapeut Johannes Outzen nach der Partie zu Protokoll, dass alle Spieler die 90 Minuten gut überstanden hätten, auch diejenigen, die mit leichten Blessuren in die Begegnung gegangen waren.
Die ersten 20 Minuten gehörten eindeutig den Gastgebern, die wesentlich mehr Ballbesitz hatten, unsere Akteure sofort mit zwei, drei Spielern attackierten und auf diese Weise das Streitobjekt schnell wieder in ihre Reihen brachten. Selten konnten die Gäste das Runde mal länger behaupten. Das Manko der Hannoveraner wurde allerdings schnell offensichtlich: Bei aller Spielkultur und Raffinesse blieben die „Hochkaräter“ aus. Am und im Sechzehner wirkten die Platzherren nicht zwingend genug, um das von Jesper Heim sicher gehütete Tor ernsthafter zu gefährden. So sprangen einige gute Szenen heraus, doch der Torjubel blieb aus. Den Anfang machte der am Beginn sehr umtriebige Marcel Rau, der aus 18 Metern von halblinks flach links am Kasten vorbeizielte (5.). Wenig später schickte er Monju Momuluh in die Gasse, aber Jesper Heim war rechtzeitig aus seinem Kasten geeilt (6.). Dann schoss Monju Momuluh aus vollem Lauf vorbei (7.). Und der Schuss von Tom Moustier ging – abgefälscht – knapp über den Kasten (19.).
Das erste Alarmsignal auf der Gegenseite setzte Christopher Kramer per Kopf. Nach schöner Vorarbeit des Innenverteidigers Kevin Njie über die linke Seite traf er die Kugel nicht richtig, sodass der Aufsetzer über das Tor ging (22.). Und dann lag plötzlich Weiche – wohl zum Erstaunen der meisten unter den 350 Zuschauern – vorn. Dominic Hartmann hatte die Kugel erobert, Niclas Nadj behauptete sich technisch gekonnt auf dem linken Flügel, spielte Doppelpass mit Marcel Cornils und brachte den Ball zurück auf den Fünfer. Marcel Cornils war zur Stelle schob das Runde im Beisein von 96-Abwehrspielern zum 0:1 über die Linie (28.).
Mit diesem Treffer wuchs das Flensburger Selbstvertrauen, aber die Niedersachsen blieben aktiv. Sie forderten bei einer Aktion mit Monju Momuluh Strafstoß (30.). Und der 96-Rechtsaußen hatte noch eine Chance, als der Ball von der Flensburger Abwehrmauer vor seine Füße tropfte, er aber aus spitzem Winkel an SC-Torhüter Jesper Heim scheiterte (44.). Zuvor hatte Marcel Rau nach Pass von Lars Gindorf nochmals eine gute Schussmöglichkeit, doch – beinahe typisch für die Elf, die über gefühlt rund 70 Prozent Ballbesitz verfügte – Jesper Heim konnte den Abschluss problemlos aufnehmen (32.). Und Weiche? Einmal noch vor der Pause deutete unsere Mannschaft ihr Umschaltspiel an, als René Guder den Ball nach links wuchtete und Marcel Cornils die Kugel an der Mittellinie technisch gekonnt mitnahm, doch sein langer Lauf bis in den gegnerischen Strafraum wurde noch gestört (41.).
Nach der Pause und der Umstellung bei Weiche bekamen die Gäste das Geschehen besser unter Kontrolle. Und mit den ersten beiden Angriffen entschied der Vizemeister überraschend frühzeitig die Partie. Erst köpfte Torben Rehfeldt den Freistoß von Dominic Hartmann an die Latte, und den Abpraller köpfte ausgerechnet der Ex-Hannoveraner Tobias Fölster kraftvoll zum 0:2 und zu seinem ersten Treffer im Weiche-Dress in die Maschen (53.). Und wenig später legte Niclas Nadj die Kugel wunderbar in den Lauf von Christopher Kramer, der mit dem Ball, begleitet von einem Hannoveraner Abwehrspieler, noch einige Meter lief und ihn dann unter Torhüter Toni Stahl hindurch zum 0:3 versenkte (56.). Das sollte doch schon die Entscheidung gewesen sein. Und beinahe hätte René Guder sogar noch erhöht. Nach Zuspiel von Christopher Kramer zielte der Ex-Meppener von rechts aus extrem spitzem Winkel und abgefälscht allerdings am langen Pfosten vorbei (60.). Es war die letzte echte Flensburger Tormöglichkeit.
Die Platzherren hatten an dem Zwischenergebnis sichtbar zu knabbern. Aber sie kamen zurück und hatten im Verlauf der letzten halben Stunde noch manche Chance zur Resultatsverbesserung. Wieder beinahe typisch: Monju Momuluh hatte bei einer Überzahlsituation sich nicht für Flanke oder Torschuss entscheiden können; SC-Schlussmann Jesper Heim bedankte sich für den am Ende harmlosen Flugball (61.). Und erneut forderten die Gastgeber Strafstoß, aber das Tackling von Kevin Njie gegen Monju Momuluh im Strafraum war riskant, jedoch sauber (64.). Tom Moustier hatte einmal Platz, schoss allerdings aus zentraler Position ebenso über den Kasten (68.) wie wenig später Kapitän René Rüther (71.). Dann traf Lars Gindorf aus 15 Metern den rechten Pfosten (74.) – es war symptomatisch für diesen Abend in der noch immer wärmenden Augustsonne. Und der eingewechselte Nick Stepantsev vergab die letzten drei Möglichkeiten. Erst tauchte er relativ unbedrängt allein vor Jesper Heim auf, schoss aber aus gut 18 Metern von halblinks rechts vorbei (82.). Dann erreichte er einen Freistoß nur noch mit der Stiefelspitze, bugsierte die Kugel aus vier Metern, spitzer Winkel, über den Kasten (83.), und als er an eine Eingabe von der linken Seite kam, war Jesper Heim erneut aufmerksam zur Stelle, wehrte zum Eckstoß ab (84.). So blieb den nie aufsteckenden Platzherren selbst der Ehrentreffer verwehrt.
Bei den jungen Hannoveranern konnten vor allem Antreiber Tom Moustier auf der „Sechs“ und Lars Gindorf zentral hinter der Spitze als Spielgestalter überzeugen. Der mit Abstand auffälligste Akteur war indes Monju Momuluh, der allerdings auch sinnbildlich für seine Elf stand: Er hatte viele gute vorbereitende Aktionen und verheißungsvolle Dribblings, aber beim entscheidenden Abspiel oder im Abschluss agierte er zu ungenau. Unsere kämpferisch in jedem Fall überzeugende Mannschaft hatte in Torhüter Jesper Heim und Kevin Njie defensiv sowie – mit exzellenten Vorarbeiten zum 0:1 und zum 0:3 – Niclas Nadj und zudem Christopher Kramer offensiv ihre besten Akteure. Eine starke zweite Halbzeit darf zudem Torben Rehfeldt attestiert werden.
In der „englischen Woche“ geht es für unsere Mannschaft bereits am Mittwoch, 17. August 2022, weiter. Dann empfängt sie am 4. Spieltag schon ab 18.30 Uhr im Manfred-Werner-Stadion den VfV Borussia 06 Hildesheim zu ihrem zweiten Heimauftritt.
Hannover II: Stahl – Rüther (Kap.), Arkenberg, Oppie, Eichhorn – Moustier, Podrimaj – Momuluh, Gindorf (76. Luyeye), Rau (60. Evina) – Friedrich (60. Stepantsev). Trainer: Stendel.
Weiche: Heim – Herrmann, Fölster, Njie, Pastor Santos (V/46. Rehfeldt) – F. Meyer (71. Thomsen) – Guder (V/78. Gieseler), Nadj (V/81. K. Schulz), Hartmann (Kap.), Cornils (73. Kurzbach) – Kramer. Trainer: Seeliger.
Tore: 0:1 Cornils (28.), 0:2 Fölster (53.), 0:3 Kramer (56.).
Zuschauer: 350, darunter ca. 25 Flensburger, im Eilenriedestadion, Hannover, Clausewitzstraße.
Schiedsrichter: Lennart Wolff (Bremer SV), sprang relativ kurzfristig für Furkan Cevdet Vardar (RW Wilhelmsburg) ein, sorgte auf beiden Seiten zuweilen für etwas Verwunderung, kam aber am Ende mit drei Verwarnungen für die Gäste (Pastor Santos nach taktischem Foul an Monju Momuluh, 42.; Nadj wegen Meckerns, 62.; Guder wegen Foulspiels, 76.) über die Runden.
Trainerstimme:
Unser Trainer Thomas Seeliger meinte: „Wir haben gegen eine gute Mannschaft gespielt – und zwar 90 Minuten gegen eine richtig gute Mannschaft. Das habe ich gewusst. Sie sind sehr beweglich, und sie sind uns gut angelaufen, haben uns gut gepresst. Sie haben es gut gemacht, vor allem über ihre rechte Seite. Chapeau aber an unsere Jungs! Unsere Jungs haben alles rausgehauen, auch mal etwas Glück gehabt, es aber insgesamt gut gemacht. Man muss das auch mal sagen: Wir hatten ein schönes Umkehrspiel und haben die Tore sehr schön rausgespielt. Mit der Umstellung kam mehr Sicherheit. Torben Rehfeldt hat unsere Abwehr wunderbar stabilisiert und dann noch das zweite Tor vorbereitet. Hannover hat eine richtig gute Truppe. Hier werden nicht viele Mannschaften so deutlich gewinnen.“
Weitere Stimmen:
Kapitän Dominic Hartmann: „Es war ein hartes Stück Arbeit, und wir hatten auch Glück. Wir haben alles reingeworfen. Mir ist es letztlich egal, wie wir gewinnen, die Punkte zählen. Lieber dreckig so gewinnen, als überlegen zu sein und zu verlieren.“
Dem Torjäger Christopher Kramer, der im dritten Liga-Spiel zum dritten Mal einnetzte, war die gute Laune anzumerken: „Einmal richtig gesprintet in zwei Jahren bei Weiche … Alle denken, dass ich langsam bin“, lachte er, um daraufhin das Tor zum 0:3 zu schildern: „Rechts lief einer neben mir, links auch, aber mit etwas Abstand. Ich wollte erst noch einen Haken machen, habe mir dann den Ball nochmal vorgelegt und den Torwart getunnelt. Genau die richtige Entscheidung.“
Jonah Gieseler: „Sie waren sehr gut. Sie haben ein gutes Spiel, aber nicht die Tore gemacht. Da waren wir effektiver.“